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NZZ: Die Schweiz – ein demokratischer Musterstaat

In: NZZ vom 22. Februar 2011.
Ein neues „Demokratiebarometer“ von Forschern der Universität Zürich und des Wissenschaftszentrums Berlin hat die Schweiz als bloss mittelmässige Demokratie abqualifiziert. Dies stösst im Land der Direktdemokratie auf Unverständnis und Kritik.

Die Schweiz – ein demokratischer Musterstaat

Steht der Befund einer Studie, die Schweizer Demokratie sei nur Mittelmass, im Widerspruch zum schweizerischen Selbstverständnis? Nein, der pragmatische Ausgleich zwischen konkurrierenden Prinzipien war immer ein Gebot der Willensnation.

Demokratie ist ein politisches Leitbild, dessen Kerngehalt eine Aussage zur Machtverteilung und -ausübung im Staat ist: Alle Macht geht von den Bürgern aus, und das gesamte Tun eines Staates, namentlich einer von den Bürgern eingesetzten Regierung, muss sich auf die Herrschaft der Bürger im Verband zurückführen lassen. Das ist der historische Kern der Demokratie. Das ist auch die Forderung, die heute noch täglich von Menschen auf der ganzen Welt mit dem Ruf nach Demokratie erhoben wird. Und das ist gemeint, wenn der Begriff mit dem schweizerischen Staats- und Selbstverständnis in Verbindung gebracht wird: die Herrschaft der Bürger als Element eines genossenschaftlichen Staatsverständnisses, die Absage an Könige und allmächtige Zentralverwaltungen.
In der wissenschaftlichen und politischen Diskussion ist dieser Demokratiebegriff (von der Studie als „minimalistisch“ apostrophiert) mit vielen andern Prinzipien und Postulaten angereichert worden. Mit der neuzeitlichen Begründung der Demokratie – der Würde des Individuums – sind besonders die Menschenrechte zu einem Element der Demokratie geworden. Und zum Demokratiebegriff gehören immer mehr auch Anliegen wie Rechtsstaat, Solidarität und Sorge um die Umwelt.
Der Einbezug dieser Anliegen in den Demokratiebegriff und damit in die Messung von Demokratie ist jedoch problematisch. Wer die Gemengelage von Prinzipien, Postulaten und Anliegen um den Demokratiebegriff herum in ihrer Gesamtheit anhand von rund 100 Indikatoren beurteilen will, muss sich kritische Fragen zu den implizierten Zusammenhängen gefallen lassen. Der erste Fragenkomplex betrifft Zusammenhänge zwischen verschiedenen Prinzipien der Machtausübung im Staat:

Demokratie und Gewaltenteilung

Bei der Gewaltenteilung erhält die Schweiz eine schlechte Demokratie-Note. Gewaltenteilung ist jedoch nicht einfach ein Element der Demokratie, ihre angeblich geringe Ausprägung nicht einfach ein Minus an Demokratie. Gewaltenteilung ist ein eigenständiger Grundsatz, der eine funktionsgerechte Aufgabenverteilung im Verband und ein System von Ausgleich und Kontrolle im Verhältnis zwischen den Funktionsträgern verlangt. Sie kann eine Beschränkung demokratischer Mitwirkungsformen erfordern. Dass das Parlament den Bundesrat nicht jederzeit abwählen kann, dient der Stabilität des Bundesrates und der Kontinuität bei der Betreuung der Geschäfte, also einer funktionsfähigen Exekutive. Bei der Verwirklichung von Demokratie geht es eben nicht um ein Maximum, sondern das Optimum an demokratischer Mitwirkung.

Demokratie und Rechtsstaat

Auch bei der Rechtsstaatlichkeit schneidet die Schweiz nur mittelmässig ab. Doch auch der Rechtsstaat ist nicht einfach ein Element der Demokratie, sondern ein in mancher Hinsicht mit ihr konkurrierendes Prinzip unseres Staatswesens, mit dem die demokratische Macht der Mehrheit durch die Herrschaft des Rechts beschränkt wird. Umgekehrt kann das Demokratie-Leitbild seinerseits zu Beschränkungen des Rechtsstaatsprinzips führen. So kann man die fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit mit Bezug auf Bundesgesetze nicht einfach als Mangel an Demokratie ansehen. Vielmehr ergibt sich diese (allfällige) Unvollkommenheit des Rechtsstaats auch aus Demokratie-Erwägungen: Die vom Volk direkt gewählten Parlamentarier haben eine höhere demokratische Legitimation als die indirekt, durch die Parlamentarier gewählten Bundesrichter.

Der zweite Komplex kritischer Fragen betrifft einzelne Demokratie-Indikatoren und deren Würdigung unter Demokratie-Gesichtspunkten:

Warum ist Professionalität als Bedingung für ein Richteramt ein positives Kriterium für Demokratie?

Unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkt ist Professionalität von Richtern gewiss eine wichtige Forderung. In manchen Rechtssystemen ist indessen der Einbezug der „gewöhnlichen Bürger“ in die Tätigkeit der Judikative (als Richter oder Geschworene) ein Mittel, um das demokratische Element – Nähe der Rechtsprechung zu den Problemen und Anschauungen der Bürger – auch in der dritten Staatsgewalt zur Geltung zu bringen. Eine professionelle Richterschaft bedeutet nicht einfach mehr Demokratie; sie bedeutet, wenn man die Rechtsprechung anschaut, möglicherweise auch ein Minus an Demokratie.

Warum ist die beschränkte Amtsdauer der Richter ein Demokratiemangel?

Tausende von Seiten sind zur Frage geschrieben worden, ob Richter auf Lebenszeit, für eine einmalige, lange Amtsdauer oder immer wieder von neuem für eine kürzere Amtsdauer gewählt werden sollen – mit unterschiedlichen Antworten. Eine eindimensionale Würdigung dieses Kriteriums unter Demokratie-Gesichtspunkten ist verfehlt.

Warum ist die geringe effektive Nutzung des Demonstrationsrechts ein Demokratiemangel?

Ist die Annahme verwegen, dass es unserem Land insgesamt gut geht und seine Bürger – auch die Minderheiten – darum keinen Anlass haben, ihr Demonstrationsrecht häufiger zu nutzen?

Das schweizerische Staatssystem gründet auf verschiedenen Prinzipien, die sich wechselseitig bedingen und begrenzen. Die Herrschaft der Bürger hat nicht zu einer dogmatischen, lupenreinen Verwirklichung eines einzelnen Prinzips, auch nicht des Demokratieprinzips, geführt. Der pragmatische Ausgleich zwischen konkurrierenden Prinzipien war immer ein Gebot der in ihrer Vielfalt mit sich ringenden Willensnation. In diesem Umgang mit den Prinzipien der Machtausübung im Staat steckt mehr demokratisches Gedankengut als – in der Studie ebenfalls Indikatoren der Demokratie – in einem hohen Import ausländischer Zeitungen und der Mitgliedschaft in Tierschutzorganisationen.

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Das Geheimnis hinter dem Erfolgsmodell Schweiz

Vortrag gehalten am Dienstag, 14. Dezember 2010, 19.00 Uhr im Restaurant Elefant, Witikonerstrasse 279, 8053 Zürich.

Zürcher Bote: Ein SVP-Mitglied stellt sich vor

Interview im „Zürcher Boten“ vom 26. März 2010.

Seit wann sind Sie Mitglied bei der SVP und warum sind Sie beigetreten?

Ich bin Anfang 2008 der SVP beigetreten, stehe ihr aber schon seit vielen Jahren nahe. Ich habe mich schon in der Primarschule für Schweizer Politik interessiert, wobei meine politische Ausrichtung schon damals die gleiche war. Beigetreten bin ich der SVP, weil ich nicht mehr nur über Politik lesen und diskutieren, sondern aktiv mitgestalten und mich für das «Erfolgsmodell Schweiz» einsetzen will. Zudem habe ich immer wieder festgestellt, dass meine Tätigkeit an der Universität in jeder Hinsicht unvermeidlich auch politisch gefärbt ist: zum Beispiel die Mitwirkung bei der Studienreform, aber auch die Tätigkeit im Unterricht. Darum bin ich zum Schluss gekommen, dass es nur konsequent ist, politisch auch wirklich Farbe zu bekennen.

Wie engagieren Sie sich innerhalb der Partei?

Seit Anfang 2009 gehöre ich dem Vorstand der SVP Stadt Zürich, Kreis 7, an. Dort versuche ich, zu einem attraktiven Programm für unsere Mitglieder beizutragen. Ich habe auch an verschiedenen Standaktionen teilgenommen und Unterschriften gesammelt. Zudem will ich mich in den Bereichen der Wirtschafts- und Unternehmenspolitik und des Bildungs- und Schulwesens engagieren. Beides sind für die Schweiz, besonders aber auch für Zürich (Stadt und Kanton) wichtige Themen. Möglicherweise werde ich darum einmal in der Schulpflege mitwirken.

Was wünschen Sie sich für die Schweiz?

Dass sie die Werte und Überzeugungen, die ihrem Erfolg zugrunde liegen, nicht aufgibt, sondern auf sie auch in der Krise vertraut: auf die Leistungsbereitschaft und Verantwortung des Einzelnen, einen schlanken, demokratischen Staat und weltoffene, selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger.

Welcher Politiker ist Ihr Vorbild und warum?

Ein eigentliches Vorbild habe ich nicht. Aber ich gehöre sicherlich zu jenen, die grossen Respekt für alt Bundesrat Christoph Blocher haben. Bei ihm verbinden sich – nach meiner Einschätzung – Sachverstand, Kommunikationstalent und Beharrlichkeit. Zudem sind mir sein Schalk und Humor sympathisch.

Was sind Ihre nächsten persönlichen Projekte?

An der Schnittstelle zwischen meinen beruflichen und den politischen Interessen liegt ein Buchprojekt über die rechtlichen Fragen der Entschädigung von Verwaltungsräten und Managern, vor dem Hintergrund der «Abzocker-Initiative». Und persönlich möchte ich mich vertieft mit Schweizer Geschichte befassen und endlich (richtig) Tennis spielen lernen.

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